NFL…? Neue UCI MTB Disziplin…? Nö! Auf den erste Blick hat meine zweite grosse Leidenschaft ja so gar nichts mit Mountainbike oder Emmental zu tun… ausser vielleicht, dass die Olympischen Spiele 2028, die auch MTB Cross County beinhalten, im Heimatland der NFL, den USA, stattfinden… So, nun habe ich die Kurve aber sowas von gekriegt…. ;-)! (…auf den zweiten Blick übrigens auch nicht… 😉 )
Da es sich beim MTB Emmental Blog aber um meinen persönlichen Blog handelt, habe ich beschlossen, auch über dieses, für mich so einmalige Ereignis zu berichten. Wer damit nichts am Hut hat, klickt sofort weiter zum nächsten Beitrag. Wer aber einen Funken Interesse hat, dem empfehle ich hier weiter zu lesen… es gibt dazu einen Haufen Erklärungen und auch eine kleinen Regelkunde im weiteren Verlauf des Beitrags!
Und wie komme ich überhaupt dazu, für einen NFL Match mal kurz nach London zu reisen? Nun, genau kann ich es nicht mehr zurückverfolgen, aber seit sicher über 30 Jahre verfolge ich mit grossem Interesse den SuperBowl am Fernseher. Erst noch mit wenig Fachkenntnis ausgestattet, änderte sich dies natürlich mit den Jahren, und versteht man das Spiel einmal, wird es immer interessanter und hinterliess bei mir eine immer grösser werdende Faszination. Und nicht nur ich, sondern immer mehr Fans weltweit beschäftigen sich während der NFL Saison mit dem Spiel mit dem eiförmigen Leder. Das führt natürlich dazu, dass mittlerweile während der gesamten Saison regelmässige Matches auch in Europa am Fernsehen übertrage werden. Und auch die NFL hat die Zeichen der Zeit erkannt und trägt immer mehr reguläre Matches der Liga (nicht nur) in Europa aus. So sind die NFL London Games schon seit Jahren Bestandteil der regulären Saison.
Vorher ohne konkrete Vorliebe, verstärkt sich seit circa 10 Jahre mein Interesse von Jahr zu Jahr für das Abschneiden der Minnesota Vikings in der NFL Liga, wieso weiss ich auch nicht mehr so genau. Und als ich erfuhr, dass die Vikings in der Saison 2024/2025 für einen Match nach London kamen, bot sich mir die Möglichkeit, einen Match “meiner” Mannschaft im Stadion zu verfolgen, ohne gleich einen USA Urlaub zu planen, auch wenn ich weiss, das die NFL International Games in Europa meist hoffnungslos überbucht sind…. Letztendlich war mir das Glück hold, natürlich auch dank Absolut Sport! So entschieden Bienchen und ich kurzfristig: Let’s do it, once in a lifetime!
So fliegen wir am Samstag, 5. Oktober 2024 von Zürich nach Londen, gelangen mit der U-Bahn fast direkt zu unserem zentral gelegenen Hotel, geniessen erst noch ein (Free Drink-)Bierchen an der Hotelbar und laufen dann angenehme 10 Minuten zum vorab reservierten Spanier am The Cut. Gut habe ich reserviert, der Schuppen ist proppenvoll und ist, finde ich durchaus empfehlenswert. Wir geniessen jedenfalls einen Haufen leckere Tapas und ebenso leckeren spanischen Rotwein, sowie zum Dessert eine Crema Catalàn!
Am Match-Sonntag, Türöffnung ist um 12:50h, KickOff um 15:00h, stürze ich mich in mein Fan-Tenu und wir spazieren um 10:00 Uhr gemütlich von unserem Hotel noch etwas der Themse entlang, am Tate Modern vorbei, durch den Borough Market und über die London Bridge zur Liverpool Street Station.
Hier in der Station müssen wir uns nicht mal gross darum kümmern, von welchem Perron aus die Overground in Richtung Stadion fährt… 😉 So gelangen wir, mit vielen anderen Fans, in einer guten halben Stunde zur Station Norththumberland Park und in weniger als 10 Minuten zum Tottenham Hotspur Stadium!
Wir schlendern noch etwas ums Stadion herum, laufen direkt an unser Gate 12 und da es nicht mehr lange geht bis zur Türöffnung, beschliessen wir gleich hier zu bleiben. Bis wir auf einmal von den Ordnern mit Absperrgittern eingekesselt werden… Hä, wasnu los…? Hooligan mässig verhalten haben wir uns jedenfalls nicht… bis wir sehen, was der Grund ist: Die gesamte Mannschaft der Vikings fährt mit drei (!) Bussen direkt vor unserer Nase vor und gelangt so ins Stadion…!
Nach dem auch wir Einlass ins Stadion finden (Sicherheitskontrollen wie am Flughafen!), orientieren wir uns im Innern des grossen Stadions, staunen darüber, dass hier die Bierbecher von unten gefüllt werden (!), gönnen uns noch ne Portion “Minnesota Meatball Waffels” und suchen dann unsere Plätze im Stadion auf, die wir problemlos finden. Im ganzen Stadion gilt nix Bargeld, sondern nur noch mit Karte oder Digital, selbst die Tickets haben wir aufs Handy gekriegt! Und das Wetter ist übrigens britisch trocken (noch) und ca. 15°C kalt/warm… 😉
Während sich das Stadion langsam füllt, beginnt mehr als 2 Stunden vor Spielbeginn das grosse Tamtam rund um den Match: Die Mannschaften machen sich auf dem Platz warm während eine DJane lautstark einheizt, die Cheerleader mit Viktor the Viking, dem Maskottchen der Vikings, bieten ihre Show auf dem Platz dar und beide Nationalhymnen (Amerikanische und Britische) werden mit viel Brimbramborium und Feuerwerk auf dem Stadiondach, von namhaften Künstlern geschmettert…!
Nun aber endlich zum Spiel: Punkt 15:10h, KickOff! Es geht los…! Zeit für eine kurze Regelkunde:
Ein Spiel dauert 4 Quarter à je 15 Minuten Netto-Spielzeit, die Spieluhr wird in bestimmten Situationen angehalten. Das Spielfeld ist in der Länge in 10 x 10 Yard, resp. 20 x 5 Yard unterteilt, also genau 100 Yard lang, mit zusätzlich beidseitig je eine Endzone à nochmals 10 Yard.
Die Angriffs-Mannschaft versucht nun mit in sich abgeschlossenen Spielzügen mindestens 10 Yards in Richtung Gegnerische Endzone zu überbrücken, dazu hat sie 4 Versuche, während die gegnerische Verteidigungsmannschaft versucht dies zu verhindern, resp. den Ball zu schnappen und somit das Angriffsrecht zu ergattern. Dazu wird der Ball von einem bestimmten Spieler gesnapt, d.h. er gibt den Ball zwischen den Beinen hindurch nach hinten zum Quarterback, der wiederum versucht den Ball für ein Laufspielzug an den Runningback zu übergeben, oder den Ball für einen Wurfspielzug zu einem Receiver nach vorne zu werfen.
Schafft die Offense dies nach 3 Versuchen nicht(1st Down, 2nd Down, 3rd Down) wird der Ball je nach Feldposition meistens gepuntet, heisst per Kick möglichst weit in die gegnerische Hälfte spediert, oder es wird ein FieldGoal versucht den Ball oben zwischen den Beiden Torpfosten hindurch zu kicken, das gibt dann 3 Punkte. In diesen Fällen wechselt und das Angriffsrecht zur anderen Mannschaft, die nun ihre Angriffs-Mannschaft aufs Feld schickt, Angriffsmannschaft (Offense) und Verteidigungsmannschaft (Defense) sind zwei komplett verschieden Mannschaften.
Werden mit den 4 oder weniger Versuchen mindestens 10 Yard erreicht, gibt es wieder 4 Versuche (New 1st Down), die nächsten 10 Yard zu überbrücken. Der Spielzug endet, sobald entweder der Ball, oder das Knie oder Hinterteil des Balltragenden Spielers den Boden berührt. Jeder Spielzug wird aber in jedem Fall zu Ende gespielt, auch wenn die Spielzeit z.B. schon abgelaufen ist, oder von einem der 5 Schiedsrichter eine Straffe angezeigt wird (Yellow Flag); Strafen sind in der Regel Yard-Straffen, d.h. es geht beim nächsten Versuch z.B. 5 oder 10 Yard retour.
Letztendlich wird so versucht, mit dem Ball in die gegnerische Endzone zu gelangen, und somit einen Touchdown zu erzielen, der 6 Punkte gibt, inklusive die Möglichkeit, per Kick durch die zwei Torpfosten einen Zusatzpunkt zu scoren. Auch nach dem Touchdown und Zusatzpunkt wechselt selbstredend das Angriffsrecht zur gegnerischen Mannschaft.
So, das war’s eigentlich schon… zumindest grob. Denn American Football ist ein sehr taktisches Spiel mit vielen Feinheiten und Sonderregeln (wer Lust und Zeit hat kann sich hier noch etwas detaillierter in das Regelwerk einlesen…), auch ausgewiesene Experten staunen immer wieder über noch grösstenteils unbekannte Regel-Feinheiten, die der Whitehead (Hauptschiedsrichter, trägt eine weisse Mütze) hervor kramt… 😉
Vor Allem in der Schlussphase des Spieles wird das Time-Management, also die Kontrolle der Spieluhr, vielfach sehr wichtig, und dann wird es richtig spannend: Da wird mit allen Mitteln wie Timeout (je 3 pro Mannschaft und Halbzeit), Out of Bounds (Der Balltragende Spieler verlässt das Spielfeld seitlich) oder dem Two-Minute-Warning (Die Spieluhr wird immer 2 Minuten vor Ende einer Halbzeit angehalten) versucht, die Spieluhr zu seinen Gunsten zu nutzen. Je nach Spielstand wird versucht, das nach einem Score noch möglichst wenig verbleibende Zeit auf der Uhr bleibt, damit der Gegner nicht mehr scoren kann. Aber Achtung: Das kann dann auch schon mal in die Hose gehen, denn auch mit wenigen Rest-Sekunden auf der Spieluhr ist es noch möglich den Ball über den ganzen Platz in die Endzone zu tragen, denn der Spielzug wird in jedem Fall zu Ende gespielt, auch wenn die Uhr schon abgelaufen ist!
Dies ist übrigens auch bei “unserem” heutigen Spiel der Fall: Letztendlich gewinnen die Vikings, quasi in Extremis: Denn es steht 17 Sekunden vor Schluss 17:23 für die Vikings, die Jets im Angrffsrecht etwa 20 Yard von der Endzone entfernt, wirft der gegnerische Quarterback den Ball in Richtung einem seiner Receiver in der Vikings-Endzone, und es kommt zu einer Interception (Ein Spieler der Vikings Defense fängt den Ball ab und das Angriffsrecht wechselt zu den Vikings!), was nun natürlich gleichbedeutend mit dem Sieg für die Vikings ist: Endstand 17:23! Hätte der Jets Receiver den Ball in der Endzone korrekt gefangen, hätte dies 6 Punkte für den Touchdown und 1 Punkt für einen erfolgreichen Zusatzpunkt, und somit den Endstand von 24:23 bedeutet….! (Und ja, die Vikings hatten hier in London ein Heimspiel, denn im American Football wird der Gast immer erst-erwähnt, also heisst es: Jets @ Vikings!)
Das wars! Es ist mittlerweile 18:00 Uhr, wir verlassen gemütlich das Stadion, das übrigens mit 62’500 Zuschauern natürlich ausverkauft war, und laufen mit gefühlt 50’000 anderen Zuschauern in Richtung der nächstgelegenen U-Bahnstation Seven Sisters, wo wir aber nur kurz anstehen müssen, bevor wir mit der Tube zurück zu unserem Hotel gelangen vergehen aber dennoch fast 2 Stunden. Das reicht gerade noch, uns kurz umzuziehen und zum vorgängig reservierten Italiener am The Cut zu gelangen und lecker zu Abend zu essen! Später an der Hotelbar genehmigen wir uns noch unseren zweiten Free-Drink und schauen noch etwas dem NfL Abend-Spiel zu! 😉
Am nächsten Tag fliegen wir ebenso gemütlich wie wir gekommen sind wieder zurück nach Hause und können noch lange von diesem Erlebnis erzählen…! 😉
Und falls ich nun tatsächlich bei jemandem Interesse geweckt habe, empfehle ich unbedingt mal bei einem Live-Match reinzuschauen: Zurzeit überträgt RTL immer an den Spielsonntagen mindestens zwei Matches im Hauptprogramm (im Free TV und linear…)! Und falls Ihr Anfangs nichts von dem Fach-Kauderwelsch der Experten von RTL versteht, macht Euch nichts draus, ich habe auch Jahre gebraucht um nur einen Hauch zu verstehen…. oder kontaktiert mich… 😉